Der Mount Everest mag zwar der höchste Berg der Welt sein – zumindest, wenn man diese Definition nur auf das Festland anwendet. Nichtsdestotrotz genießt der K2 bei Bergsteigern den Ruf des besonderen Nervenkitzels. Ein Blick auf die Zahlen offenbart, dass beinahe jeder vierte Bergsteiger bei seinem versuchten Gipfelsturm verunglückt. Aber warum ist der K2 so gefährlich?
Beinahe jeder Fünfte kommt nicht zurück
Warum hat es bis zur ersten erfolgreichen Besteigung des K2 so lange gedauert? Und warum verunglücken immer wieder erfahrene Bergsteiger auf dem Weg zum Gipfel oder beim Abstieg vom K2? Ist der Berg zu schwer, zu gefährlich? Es gibt darauf keine pauschale Antwort. Vielmehr ist es das zusammenkommen verschiedener Faktoren. Bevor wir uns der möglichen Lösung des Rätsels widmen, lohnt es sich, die Statistik anzuschauen, um die Gefährlichkeit des Berges zu verdeutlichen. Bisher haben es seit 1954 knapp 380 Bergsteiger geschafft, den Auf- und Abstieg heil hinter sich zu bringen.
Dagegen verunglückten 84 Menschen am Berg tödlich. Um es eindrucksvoll zusammenzufassen: Gut jeder Fünfte kehrt nicht aus dem Karakorum-Gebirge zurück. Allein bei einem großen Lawinenunglück im Sommer 2008 bezahlten elf erfahrene Bergsteiger aus sieben Ländern die Tour mit ihrem Leben. Darunter der irische Bergsteiger und Bergretter Gerard McDonnell. Allein dieses Beispiel zeigt, dass auch absolute Profis nicht vor den Gefahren des Berges gefeit sind.
Die Natur macht den K2 unberechenbar
Beginnen wir mit dem offensichtlichsten Gefahrenpunkt, dem Hochgebirge. Auch wenn die Gipfel der Alpen bereits als wild gelten und dort das Wetter von jetzt auf gleich umschlägt, ist deren Höhe im Vergleich zu den Achttausendern des Himalaya wenig beeindruckend. Allein durch die enorme Höhe mit einer dünnen Atmosphäre und eisigen Temperaturen, die leicht 40 Grad unter null erreichen können, gibt es kaum einen unwirtlicheren Ort auf dieser Erde.
Gleichzeitig ist der K2 im Vergleich zu anderen Monumenten wesentlich exponierter. Damit bietet er starken Stürmen und Windströmungen deutlich mehr Angriffsfläche. Das führt dazu, dass das Wetter am K2 noch schneller umschlägt, wodurch Bergsteiger immer wieder von unbeherrschbaren Witterungsbedingungen überrascht werden. Hinzu kommen durch das raue Wetter Eis- und Schneelawinen. Bedingt durch den Klimawandel hat diese Problematik in den vergangenen Jahrzehnten sogar noch zugenommen.
„Flaschenhals“: Gefährliche Schlüsselstelle
Eine weitere Besonderheit, die den K2 im Vergleich zu anderen Bergen auszeichnet, ist die besondere Lage der Schlüsselstellen für den Aufstieg. Diese liegen nicht etwa wie beim Mount Everest weiter unten in „tieferen“ Lagen. Der Knackpunkt des K2, der sogenannte Flaschenhals, befindet sich etwa zwischen 8.100 und 8.200 Metern. Bedingt durch Höhe, Kälte und die Winde in dieser Höhe, sind Fehler an den Schlüsselstellen noch wahrscheinlicher und folgenschwerer.
Schwachpunkt Mensch
Erfahrene Bergsteiger wie der K2-Bezwinger Reinhold Messner machen neben den natürlichen Gegebenheiten auch die Komponente Mensch für viele Unglücke und damit für die Gefahr am Berg verantwortlich. Nicht umsonst gehört die Höhenkrankheit samt ihren Erscheinungen nach Lawinen und noch vor gerissenen Seilen zu den Hauptunglücksursachen.
In einem Interview mit der Tageszeitung „TZ“ gab Messner zu bedenken, dass sich viele Bergsteiger in einer vermeintlichen Sicherheit wiegen, indem sie vergleichsweise „einfachen“ Routen folgen, die von vielen Expeditionen genutzt werden. Warum selbst Profis dies tun, liegt auf der Hand: Wer auf den Spuren vorheriger Expeditionen läuft, statt selbst durch teils brusthohen Tiefschnee zu stapfen, spart Kraft. Diese Fokussierung lässt die Extrembergsteiger vergessen, einen Blick nach rechts und links auf den Berg zu werfen. Laut Messner liefen so bereits viele Bergsteiger wie die Lemminge in ihr Verderben – sowohl am K2 als auch an anderen Gipfeln im Hochgebirge.
Ein weiterer Punkt, der bereits von Natur aus gefährliche Gipfel wie den K2 noch gefährlicher macht, ist laut Messner die persönliche Einstellung vieler Alpinisten zum Bergsport. Erfahrene Bergsteiger wie etwa der tödlich verunglückte Frederik Ericsson würden das Bergsteigen als Droge betrachten. Ergo: Durch besonnenes Handeln ließe sich auch die Gefährlichkeit eines Kalibers wie des K2 drastisch senken.